Kieler Woche: Kaiserwetter auf der Förde

Das BAT Sailing Team kämpft sich durch die Welle auf der Kieler Förde. © Sven Jürgensen

Wenn in Kiel die Sonne scheint und der Wind aus Ost weht, nennt man das Kaiserwetter. Bei der Kieler Woche kann man meist nur davon träumen. Die KiWo präsentiert sich normalerweise Ende Juni eher mit frostigen, regnerischen Bedingungen. Aber nach zwei Ausgaben mit beschränktem Spaß unter Corona-Beschränkungen hatte Kiel in diesem Jahr ein Einsehen mit den Fans unter denen sich immer mehr J/70-Segler finden.

Julian Ramm segelte mit seinen drei Frauen an Bord nur knapp am Podium vorbei. © Sven Jürgensen

Mit gut 40 Booten fand sich auf der Förde wie in den vorigen Jahren wieder eine imposante Flotte zusammen. Viele hoffen, die J auf Höhe des Kieler Leuchtturms auch mal bei ordentlich Wellengang ausfahren zu können. Dafür ist dieses Schiffchen gemacht. Diesmal stand die Klasse zwar nicht so sehr im Fokus der Aufmerksamkeit wie 2021, als die Olympia-Stars in Kiel fehlten. Deshalb blieb diesmal die Medienbahn vor Schilksee und auch der Stollerngrund verwehrt – die Anreise auf Bahn Foxtrott vor Wendtorf dauerte schon mal 1,5 Stunden – aber dafür herrschte eben Kaiserwetter!

Leichterer Wind am dritten Tag auf Bahn Foxtrott. © Sven Jürgensen

Genuss pur. Auch wenn an den ersten beiden Tagen die Thermik erst nach dem Zieldurchgang ihre volle Stärke erlangte. Endlich mal die Vorsegel beim Glitschen ausrollen, sich hinter dem Traveller zusammenkuscheln und einige mächtige Wellen abreiten. Die je drei Ostwind-Rennen an den ersten beiden Tagen waren von erster Güte.

Dabei wurde intensiv gekämpft. Insbesondere die drei dänischen Gäste-Crews sorgten für gesteigerte Qualität. Das mochte nicht für die Disziplin auf der Bahn gelten. Für einige Geschmäcker segelten zahlreiche Crews zu sehr mit dem Messer zwischen den Zähnen – sei es aus Unerfahrenheit oder mit Kalkül. Dabei ist die Eine-Drehung-Strafe gerade mit einer J/70 eigentlich schnell gemacht. Eine interne WhatsApp-Gruppe lief heiß, weil fehlendes Regel- und Unrechtsbewusstsein zu Tage trat. Es ist wohl das alte Problem einer neuen Klasse: Appelle helfen wenig. Am Protest führt kein Weg vorbei. Die Jury sprach schließlich vier Disqualifikationen nach Protesten aus.

Start des J/70 Feldes. © KiWo

Aber die Gemüter kühlten schnell ab. Was an kühlen Bädern in der Förde bei andauerndem Sommerwetter lag, aber auch an der stimmungsvollen Gin-Tonic-Grill-Party vom ersten Abend – Getränke finanziert vom Team des Blankeneser Segel-Clubs und dessen großzügigem neuen Sponsor- und am Stegbier (inkl. Brezel) – ausgegeben von der Klassenvereinigung nach dem zweiten Regattatag. Der dritte Renntag war dann von eher leichtem Wind geprägt. Und die letzten beiden Läufe fielen drehenden Winden und anhaltenden Flauten auf der Bahn Foxtrott zum Opfer.

Das BSC Team mit Tom Stry im Vordergrund gewohnt stark bei starkem Wind. © KiWo

Die ersten sechs Teams lieferten sich einen spannenden Schlagabtausch um den Kieler-Woche-Sieg. Insbesondere Platz drei von Florian Spalteholz mit seinem Team war schließlich bemerkenswert. Der ex Tornado-Olympia-Vorschoter von 2008 hatte das Steuer von Niklas Ganssauge übernommen und leistete sich mit dem erfahrenen ehemaligen Beneteau 25 (Platu)-Team „Flexi“ keinen Platz schlechter als 6.

Die beiden deutschen Spitzenteams auf dem Podest. © KiWo

An der Spitze führten die beiden Willim-Brüder Rob Dean (17) und Taktiker Luke (23) das Team mit Carsten Kemmling und Daniel Labhart zum Erfolg. Dahinter legten die Dänen um den nationalen Meister-Skipper Bo Bøje Pedersen eine stabile Serie hin und erreichten Rang zwei. Sie haben Spaß an der deutschen Flotte gefunden und auch schon zur Deutschen Meisterschaft am Zwenkauer See gemeldet.

Ein Event, das wohl eine gößere Flotte verdient als sich bis jetzt angemeldet hat. Die Zwenkauer haben großen Enthusiasmus versprochen und das Revier soll höchsten Ansprüchen genügen, auch wenn es so (Foto) wohl nicht immer aussieht ?. Es werden noch starke Teams aus dem Süden erwartet!

Die dänischen Meister mit Profi-Taktiker Joachim Aschenbrenner segeln auf Rang zwei. © KiWo

 

Rob Dean Willim (17) auf dem Vorschiff – Talent im Gelben Trikot. © KiWo

Zum zweiten Mal waren bei der Kieler Woche auch wieder zwei Crews aus dem Projekt gelebte Inklusion am Start und ihr Trainingsfleiß zeigte Wirklung. Das Bat Sailing Team um Skipper Marvin Hamm segelte phänomenal auf Platz 30. Die zweite Crew „Bat Sailing Team Helga“ freute sich auf Platz 38 über die erste erfolgreiche Teilnahme überhaupt.

 

 

Die beiden Crews aus dem BAT Sailing Projekt gaben eine starke Vorstellung. Sanni Beucke (2.v.r.u.) steht mit Rat und Tat zur Seite. © Sven Jürgensen

 

Das Party-„Zubehör“ für den ersten Abend. © D. Labhart

 

Die J/70 Flotte vertäut an der Mole in Schilksee. © D. Labhart

Ergebnisse Kieler Woche 2022 J/70